Die wichtigsten Trends im Kartellrecht:
- Eine gesteigerte Regulatorik durch die Behörden, was sich durch zunehmende Befugnisse des Bundeskartellamts und der Europäischen Kommission zeigt, sorgt für einen erhöhten Beratungsbedarf. Die Gründe hierfür sind vielschichtig, das Kartellrecht im digitalen Kontext ist ein exponentiell wachsendes Feld, wo die Gesetzgebung mit den aktuellen Entwicklungen Schritt halten möchte und alte Gesetzeslücken geschlossen werden sollen. Zusätzlich spielt auch die angespannte wirtschaftliche und geopolitische Lage eine Rolle, nicht zuletzt auch hinsichtlich investitionskontrollrechtlicher Fragen im Zuge von FDI und FSR.
– Die neue Vertikal-GVO wurde im Juni 2022 wirksam und betrifft die Lieferung und den Vertrieb von Waren und Dienstleistungen in der EU, sie soll die bestehenden Regeln im vertikalen Vertrieb teilweise verschärfen und gleichzeitig vereinfachen. Gerade im immer stärker wachsenden Bereich des Online-Handels via Plattformen gab es starken Neuerungsbedarf.
– Im Mai 2023 sind die von der Europäischen Kommission festgelegten Regelungen des Digital Markets Act (DMA)/ Gesetze über Digitale Märkte in Kraft getreten. Im Fokus der Regelungen sind große Online-Plattformen, die nach bestimmten Maßgaben als sogenannte Gatekeeper klassifiziert werden und potenziell starken Einfluss auf den Markt und andere Wettbewerber nehmen. Der DMA sieht bestimmte Verbote und Verhaltenspflichten für die Gatekeeper-Plattformen vor, hierdurch soll sich der Wettbewerb auf dem europäischen digitalen Binnenmarkt fair, offen und transparent gestalten.
– Die 11. GWB-Novelle trat im November 2023 in Kraft, dem Bundeskartellamt werden im Zuge dessen mehr Befugnisse eingeräumt; darunter sind beispielsweise mögliche Eingriffe der Behörde im Anschluss an Sektoruntersuchungen. So kann die Behörde auch ohne konkreten Kartellrechtsverstoß eingreifen und eine Wettbewerbsstörung feststellen, sowie gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen verordnen. Darüber hinaus kann sich das Bundeskartellamt bei kartellrechtlichen Untersuchungen auf Teile des DMA (Digital Markets Act) berufen, dessen Durchsetzung jedoch nach wie vor Verantwortung der Europäischen Kommission bleibt. Die 11. GWB-Novelle beinhaltet darüber hinaus eine Änderung der Voraussetzungen für die Vorteilsabschöpfung; die Neuerung führt unter anderem die Vermutung ein, dass durch einen Kartellrechtsverstoß ein wirtschaftlicher Vorteil entstanden ist, welcher mit einem konkreten Prozentsatz der Umsätze beziffert ist. Dies soll die bisher strengen Anforderungen zur Ermittlung der konkreten Höhe von Vermögensvorteilen erheblich vereinfachen.
– Juli 2023 Foreign Subsidies Regulation (FSR): Die Europäische Kommission hat mit der FSR eine regulatorische Lücke geschlossen, welche es zuvor erlaubte, dass ausländische Subventionen aus Nicht-EU Ländern den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt verzerren und somit ein Ungleichgewicht herstellen. Die neue Regelung soll die Fairness wiederherstellen sowie gleichzeitig die Offenheit für Handel und Investition gewährleisten.
Zu den wichtigsten personellen Veränderungen des Berichtszeitraums zählen der Einstieg der beiden vormals bei Baker McKenzie tätigen Kartellrechtler Johannes Teichmann und Christian Burholt bei Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Anfang 2023, der zeitgleiche Wechsel von Daniel Petzold von Gleiss Lutz in das Team von LUTZ | ABEL RECHTSANWALTS PARTG MBB und Osborne Clarkes Verstärkung der Energie- und Kartellrechtspraxis durch Anna von Bremen von Raue im Sommer 2023. Axel Schulz, vormaliger Leiter der Kartellrechtspraxis bei White & Case LLP schloss sich im November 2023 McDermott Will & Emery Belgium LLP am Brüsseler Standort an. Zudem verließen Michael Dietrich und Maximilian Zedtwitz von Arnim Clifford Chance zum Jahreswechsel 23/24 und firmieren nun unter Dietrich Graf Zedtwitz Rechtsanwälte.