Die wichtigsten Trends im Bereich Öffentliches Recht:
– Die Bereitschaft des Staates und der Europäischen Union, in Reaktion auf die Covid-19-Pandemie, den Ukraine-Krieg und den voranschreitenden Klimawandel stärker in Marktgeschehnisse einzugreifen, macht sich über alle Bereiche des öffentlichen Rechtes sichtbar. Die zunehmende Regulierungsbereitschaft löst ebenso wie der Versuch, die deutsche und europäische Wirtschaft konkurrenzfähig und klimagerecht zu gestalten, einen verstärkten Beratungsbedarf sowohl unter der öffentlichen Hand als auch unter den privaten Unternehmen, die von den staatlichen Markteingriffen profitieren und/oder betroffen sind, aus.
– Wurden die Covid-19-Stabilisierungsmaßnahmen nun zum größten Teil eingestellt, so sorgte insbesondere die Energiekrise im Berichtszeitraum weiterhin für signifikanten öffentlichen Förderbedarf. Neben den Stabilisierungen und/oder Verstaatlichungen von großen Energieunternehmen wie Uniper oder Gazprom Germania, die aus dem Ukraine-Krieg und der Energiekrise hervorgingen, wurden auch diverse Großprojekte im Zusammenhang mit der Energie- und Verkehrswende öffentlich gefördert. Nach dem krisenausgelösten Ausbau von LNG-Terminals versucht man mit der Förderung von Important Projects of Common European Interest (IPCEIs), dem Ausbau von Schnellladeinfrastruktur auf Autobahnen und der Bereitstellung von Fördermitteln nach dem European Green Deal die deutsche und europäische Wirtschaft auch über die Krise hinaus zukunftsträchtig und wettbewerbsfähig zu gestalten. Umwelt- und Beihilferechtler konnten durch die Energiewende zahlreiche Neumandatierungen gewinnen.
– Signifikante Infrastrukturprojekte sorgten auch in den Gesundheits- und Verteidigungsbereichen für einen Anstieg an Beratungsbedarf: Das Krankenhauszukunftsgesetz und das €100 Milliarden-Paket für die Bundeswehr spielten im Berichtszeitraum eine tragende Rolle im Beihilfe- und Vergaberecht. Besonders der Digitalisierungsbedarf in der öffentlichen Sicherheit, Gesundheit und Verwaltung sorgen in diesen Branchen für eine Sonderkonjunktur.
– In Bezug auf Regulierungsfragen dominiert der Themencluster ESG zunehmend die Mandatsarbeit. Nicht ohne Grund erlebt man den Markteintritt der ersten umweltrechtlichen Kanzleien, die sich in erster Linie mit der ESG-Regulierung beschäftigen: Neu eingetretene Regulierungen wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG), Klimaklagen der deutschen Umwelthilfe rund um mögliche Verbote von Verbrennermotoren und Glyphosat, und die steigenden ESG-Selbstansprüche zahlreicher Großunternehmen rücken Fragestellungen in diesem Bereich immer weiter in den umwelt- und verwaltungsrechtlichen Vordergrund.
Zu den nennenswerten Personaländerungen im Berichtszeitraum gehörten der Eintritt des ehemaligen Außen- und Justizministers Heiko Maas als Experte für Regulierungsfragen in die Kanzlei GSK Stockmann (Januar 2023), aus der wiederum der ehemalige Praxisgruppenleiter für Vergaberecht Friedrich-Ludwig Hausmann im Juli 2023 in eine selbstständige Position wechselte; der Wechsel des Compliance-Experten André Lippert von Taylor Wessing zu CMS im Mai 2023; der im August 2022 erfolgte Austritt von Susanne Mertens (IT-Vergaben, nun selbstständig) aus dem Team von Baker McKenzie; der Wechsel von gleich drei Öffentlichrechtlern von Dentons zu Pinsent Masons Rechtsanwälte Steuerberater Solicitors Partnerschaft mbB im Oktober 2023, namentlich Andreas Haak (Vergaberecht, Infrastrukturvorhaben) Lars Hettich (öffentliches Wirtschaftsrecht, Vergaberecht) und Barbara Thiemann (EU-Beihilferecht, Außenwirtschaftsrecht, Trade Compliance); sowie der Weggang des anerkannten Vergabe- und Außenwirtschaftsrechtlers Heiko Höfler von Oppenhoff zu PwC Legal (PricewaterhouseCoopers Legal AG Rechtsanwaltsgesellschaft) im Dezember 2023. Im Januar 2024 schloss sich Verena Poschmann (Vergaberechtlerin, zuvor bei Müller-Wrede & Partner Rechtsanwälte) zudem dem Berliner Standort von KPMG Law in Germany an.